Zu den Hauptinhalten springen

Science meets Practice

Preise setzen? (K)ein Problem!

Den optimalen Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu finden, ist oft schwierig.

09/2020

Viele Unternehmen setzen bei der Preissetzung auf das „Cost Plus“-Verfahren, bei dem ein fester Prozentsatz als Marge auf die Stückkosten aufgeschlagen wird. Zusätzlich orientieren sie sich an der Konkurrenz, die allerdings häufig ähnliche Probleme hat, den optimalen Preis zu setzen. Einer der Nachteile dieses Vorgehens: Die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten wird nicht berücksichtigt. Um dies zu tun, hat die Forschung eine Reihe von Verfahren entwickelt.

Messung der Zahlungsbereitschaft

Ein sehr zuverlässiges Verfahren schlagen Becker, DeGroot und Marschak vor: In dem nach den Autoren benannten BDM-Verfahren gibt der Kunde zunächst seine Zahlungsbereitschaft in einer direkten Preisabfrage an. Im zweiten Schritt wird dann über eine Lotterie zufällig ein Kaufpreis ermittelt. Liegt dieser Preis unterhalb der angegebenen Zahlungsbereitschaft, muss der Konsument das Produkt zum zufällig ermittelten Preis kaufen. Liegt der zufällige Preis oberhalb der angegebenen Zahlungsbereitschaft, darf der Konsument das Produkt nicht kaufen. Leider ist das BDM-Verfahren für den Praxisgebrauch zu aufwendig und so beschränken sich Unternehmen häufig auf den ersten Schritt – die direkte Preisabfrage. Solch eine direkte Preisabfrage ist zwar einfach zu realisieren, allerdings ist sie problematisch, da Konsumenten keinen Anreiz haben, ihre wahre Zahlungsbereitschaft zu offenbaren und dies aus verschiedenen Gründen auch nicht objektiv können.

Eine einfache und zuverlässige Alternative

Um diese Probleme zu beheben, schlagen die Forscher Reto Hofstetter von der Universität Luzern, Klaus Miller von der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Harley Krohmer von der Universität Bern und Z. John Zhang von der University of Pennsylvania ein einfaches Korrekturverfahren vor.Hierbei werden Studienteilnehmer in zwei Gruppen eingeteilt. Konsumenten in der ersten Gruppe werden offen nach ihrer Zahlungsbereitschaft befragt („Wie viel wären Sie bereit, für dieses Produkt zu zahlen?“). Konsumenten in der zweiten Gruppe werden mit einem zufällig ausgewählten Preis innerhalb eines als sinnvoll erachteten Intervalls konfrontiert und es wird erfasst, ob er oder sie bereit wäre, das Produkt zu diesem Preis zu kaufen (dichotome Abfrage). Der optimale Produktpreis p für einen Konsumenten i ergibt sich nun wie folgt:

pi = genannter Preis des Konsumenten in der offenen Abfrage – durchschnittlich genannter Preis der Konsumenten in der offenen Ab frage + durchschnittlicher Preis der Konsumenten in der dichotomen Abfrage

Der optimale Preis für ein Produkt kann nun einfach berechnet werden, indem man den Durchschnittspreis über alle Konsumenten berechnet. Die Genauigkeit der Schätzung kann weiter gesteigert werden, indem man der Formel zur Berechnung von pi einen weiteren Term hinzufügt: einen normalverteilten Zufallsfehler mit Mittelwert 0 und der Standardabweichung der Preise der offenen Abfrage. All dies kann einfach in Excel berechnet werden.

Validierung

Im Rahmen zweier umfangreicher empirischer Studien vergleichen die Autoren die verschiedenen Ansätze mit dem BDM-Verfahren. Hierbei zeigt sich, dass die direkte Abfrage die wahre Zahlungsbereitschaft und damit die zu erwartenden Gewinne deutlich überschätzt – mit möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen für die Unternehmensplanung. Im Gegensatz dazu erweist sich das korrigierte Verfahren als deutlich zuverlässiger und ermöglicht eine realistische Abschätzung der Gewinnsituation.

Schlüsselbotschaften

  • Einfache direkte Preisabfragen sind ungeeignet, um Zahlungsbereitschaften zu ermitteln.
  • Das Korrekturverfahren auf Basis von zwei Varianten der direkten Preisabfrage ist sehr zuverlässig.
  • Durch die Berücksichtigung eines Zufallsfehlers kann die Genauigkeit des Verfahrens weiter gesteigert werden.

Quelle: Hofstetter, R., Miller, K. M., Krohmer, H. & Zhang, Z. J (2020): A De-biased Direct Question Approach to Measuring Consumers’ Willingness to Pay. International Journal of Research in Marketing, erscheint demnächst.

Werden Sie jetzt Teil der Marketing Community!

It´s all about the network  – gute Verbindungen für Ihren persönlichen Erfolg.

Im Netzwerk des Bundesverband Marketing Clubs e.V. sind zurzeit mehr als 12.000 Mitglieder in über 60 regionalen Marketing Clubs vertreten. Die Clubs sind die Kompetenzzentren für das Marketing in ihrer Region und die Plattform für beruflich Gleichgesinnte vor Ort.

Finden Sie einen Marketing Club in Ihrer Nähe und werden Sie Mitglied